Karriere
Gehaltsverhandlung als Ärztin oder Arzt - So holst du das Optimum raus
Lesedauer: 8 Minuten
16.12.2023
Einleitung
Gehaltsverhandlungen können auch die Selbstbewusstesten von uns ins Schwitzen bringen. In Deutschland ist das Thema für Ärztinnen und Ärzte besonders relevant, da Gehälter oft durch Tarifverträge geregelt sind und individuelle Verhandlungsspielräume nicht immer ganz offensichtlich sind.
Doch speziell in Zeiten von Fachkräfte- und vor allem auch Ärztemangel sollte man seinen Wert kennen und entsprechend vertreten. In diesem Artikel möchten wir dir zeigen, wie du das Optimum bei deiner nächsten Gehaltsverhandlung herausholst.
Gehaltsstrukturen im ärztlichen Bereich
Bevor du dich in eine Gehaltsverhandlung begibst, ist es essenziell, dass du dir über die Gehälterstrukturen im ärztlichen Bereich im Klaren bist. Fangen wir mit den Tarifverträgen an: Viele ärztliche Jobs in Deutschland sind durch Tarifverträge wie den TV-Ärzte/TdL oder den TV-Ärzte/VKA abgedeckt. Diese Tarifverträge legen nicht nur Grundgehälter fest, sondern auch Zuschläge, Arbeitszeiten und vieles mehr. Wenn du in einer Klinik arbeitest, in der einer dieser Tarifverträge Gültigkeit hat, bietet dir das einerseits Sicherheit, kann andererseits aber auch den Spielraum für individuelle Verhandlungen einschränken.
Die Arbeitsumgebung spielt ebenfalls eine zentrale Rolle für dein Gehalt als Arzt oder Ärztin. In Kliniken sind die Gehälter wie bereits erwähnt oft tarifgebunden, wobei Oberarzt- oder Chefarztpositionen oft zusätzliche Boni, Zulagen oder gleich einen außertariflichen Vertrag erhalten können. Bei der Anstellung in einer Praxis variieren die Gehälter je nach Fachrichtung, besonderen (beispielsweise chirurgischen) Fähigkeiten und weiteren Faktoren.
Die Industrie bietet wiederum ein anderes Bild: Hier können Mediziner in Bereichen wie Forschung, Entwicklung oder Beratung tätig werden, wobei die Gehälter zumeist von der Größe des Unternehmens, der Spezialisierung und der Berufserfahrung abhängen.
Indem du diese Strukturen kennst und verstehst, legst du einen soliden Grundstein für erfolgreiche Verhandlungen.
Vorbereitung auf die Gehaltsverhandlung
Die Weichen für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung werden weit vor dem eigentlichen Gespräch gestellt. Deine Vorbereitung ist der Schlüssel, und hier sind einige wichtige Faktoren, die du beachten solltest.
Selbstreflexion: Kenne deinen Wert und deinen Marktwert als Ärztin bzw. Arzt
Bevor du dich an den Verhandlungstisch setzt, musst du dir über deinen Wert für deine Arbeitgeber im Klaren sein. Das bedeutet nicht nur zu wissen, was du fachlich kannst, sondern auch, welchen Mehrwert du für die Klinik, Praxis oder das Unternehmen bringst. Frage dich: Was unterscheidet dich von anderen in deiner Position? Was sind deine Stärken und Besonderheiten, und wie tragen diese zum Erfolg der Praxis bzw. Klinik bei?
Genauso wichtig ist es, deinen Marktwert zu kennen. Das ist der durchschnittliche Wert bzw. das Gehalt von Ärztinnen und Ärzten mit ähnlicher Qualifikation und Erfahrung wie du. Es gibt dir einen Anhaltspunkt darüber, wo du dich in der Gehaltsspanne einordnen kannst und was du realistisch erwarten kannst.
Recherche: Durchschnittsgehälter, Zusatzleistungen und Sonderzahlungen
Bevor du deinem Arbeitgeber konkrete Zahlen nennst, solltest du den Markt gründlich recherchieren. Es gibt zahlreiche Quellen, von Gehaltsvergleichsportalen wie z.B. Gehalt.de bis hin zu Fachverbänden, die regelmäßig Gehaltsreports veröffentlichen. Achte dabei nicht nur auf das Grundgehalt, sondern auch auf Zusatzleistungen wie Boni, betriebliche Altersvorsorge oder Weiterbildungsbudgets, die den Gesamtwert deines Vergütungspakets erhöhen können.
Argumente vorbereiten: Weiterbildungen, Qualifikationen und Verantwortlichkeiten
Jetzt, da du den von dir generierten Mehrwert und auch deinen Marktwert kennst, ist es Zeit, deine Argumente für die Verhandlung vorzubereiten. Hier sind einige Punkte, die du dabei berücksichtigen solltest:
Weiterbildungen: Hast du zusätzliche Kurse oder Seminare besucht, die über das übliche Niveau hinausgehen? Das zeigt Engagement und den Wunsch, stets auf dem neuesten Stand zu sein.
Besondere Qualifikationen: Vielleicht verfügst du über besondere chirurgische Fähigkeiten, die viele andere nicht haben.
Erfolge: Konnte durch deine Arbeit ein bestimmter Prozess verbessert werden? Gab es positive Feedbacks von Patienten oder Kollegen?
Verantwortlichkeiten: Übernimmst du besondere Aufgaben, betreust Assistenzärztinnen und -ärzte oder hast spezielle Projekte erfolgreich abgeschlossen?
Je mehr du auf konkrete Erfolge und Fähigkeiten hinweisen kannst, desto überzeugender wird dein Auftritt. Denke daran, dass die Verhandlung keine bloße Diskussion über eine Summe ist, sondern auch eine Gelegenheit darstellt, dich und deine Leistungen ins rechte Licht zu rücken. Mit der richtigen Vorbereitung versetzt du dich in die Lage, selbstbewusst und überzeugend aufzutreten.
Der richtige Zeitpunkt für die Gehaltsverhandlung
Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Gehaltsverhandlung liegt oft nicht nur im Was und Wie, sondern auch im Wann. Denn der richtige Zeitpunkt kann entscheidend dafür sein, wie offen dein Arbeitgeber für eine Anpassung deines Gehalts ist. Aber wann ist dieser ideale Moment?
Nach der Facharztprüfung: Ein logischer und oft gesehener Zeitpunkt ist direkt nach dem Bestehen deiner Facharztprüfung. Dieser Meilenstein in deiner Karriere spiegelt einen Zuwachs an Fachwissen und Expertise wider, der prinzipiell mit einer Gehaltserhöhung einhergehen sollte.
Bei Übernahme neuer Verantwortung: Wenn du zusätzliche Aufgaben übernimmst, ein Team leitest oder in anderer Weise mehr Verantwortung in deinem Arbeitsumfeld trägst, ist das ein triftiger Grund, über eine Anpassung deines Gehalts zu sprechen. Mehr Verantwortung sollte auch mehr Entlohnung bedeuten.
Bei positiven Patientenbewertungen: Im medizinischen Bereich sind zufriedene Patienten ein unschätzbares Gut. Wenn du regelmäßig herausragendes Feedback von Patienten erhältst oder in anderen Bewertungsportalen positiv hervorgehoben wirst, unterstreicht das deinen Wert für die Einrichtung.
Denk daran, dass eine Gehaltsverhandlung nicht nur dann sinnvoll ist, wenn sie offensichtlich erscheint. Oft sind es die unausgesprochenen Momente des Erfolgs und des Wachstums, die dir die beste Verhandlungsposition bieten. Sei also proaktiv, behalte deine Karriereentwicklung im Blick und trau dich, zur richtigen Zeit das Gespräch zu suchen.
Die Verhandlung selbst - Do's und Don'ts
Nach sorgfältiger Vorbereitung bist du nun bereit für die eigentliche Verhandlung. Hier sind einige Do's und Don'ts, die man beachten sollte:
Positive Körpersprache und Selbstsicherheit
Do: Betrete den Raum mit aufrechtem Gang, gib einen festen Händedruck und halte Augenkontakt. Deine Körpersprache sollte Selbstsicherheit und Professionalität ausstrahlen. Durch tiefes Atmen und gelegentliche Pausen kannst du deinem Gegenüber signalisieren, dass du die Kontrolle über das Gespräch hast.
Don't: Vermeide geschlossene Körperhaltungen wie verschränkte Arme oder ein ständiges Herumzappeln.
Gehaltsvorstellung klar kommunizieren, aber Raum für Verhandlungen lassen
Do: Nenne eine klare Zahl oder Spanne, die auf deiner vorherigen Recherche basiert. Indem du deine Erwartungen von Anfang an klar machst, setzt du einen verbindlichen Rahmen.
Don't: Sei nicht zu starr oder unnachgiebig. Zeige Bereitschaft, auch über deinen Vorschlag zu sprechen und Kompromisse zu finden.
Gängige Einwände und wie man ihnen begegnet
Einwände wie "Das Budget ist begrenzt" oder "Das ist über dem Durchschnitt" kommen regelmäßig vor. Wie kannst du damit umgehen?
Do: Zeige Verständnis für den Einwand, aber bringe dann deine Argumente und den Mehrwert, den du bietest, erneut ins Spiel. Beispiel: "Ich verstehe die Budgetbeschränkungen, aber aufgrund meiner zusätzlichen Qualifikationen und des Mehrwerts, den ich bringe, finde ich meine Forderung gerechtfertigt."
Don't: Lasse dich nicht sofort entmutigen oder in die Defensive drängen.
Welche Zusatzleistungen oder Alternativen zum Gehalt können verhandelt werden
Manchmal ist das Gehalt nicht das Einzige oder Wichtigste.
Do: Wenn du siehst, dass eine Gehaltserhöhung schwierig ist, bringe Alternativen ins Spiel. Vielleicht ist ein höheres Fortbildungsbudget, mehr Urlaubstage oder flexiblere bzw. reduzierte Arbeitszeiten möglich. Oft sind Arbeitgeber bereit, hier Kompromisse einzugehen, um dich zufriedenzustellen.
Don't: Verliere nicht den Gesamtwert deines Pakets aus den Augen. Ein höheres Grundgehalt ist toll, aber manchmal kann ein Paket aus Zusatzleistungen langfristig wertvoller sein.
Zum Abschluss: Eine Gehaltsverhandlung ist auch eine Chance, deinen Wert zu unterstreichen und eine Win-Win-Situation für dich und deinen Arbeitgeber zu schaffen. Mit der richtigen Vorbereitung und Haltung kannst du das Beste aus diesem Gespräch herausholen.
Häufige Fehler bei der Gehaltsverhandlung von Ärzten und Ärztinnen
Auch wenn eine Gehaltsverhandlung ein wichtiger Schritt in deiner beruflichen Laufbahn ist, gibt es einige Stolpersteine, die vermieden werden sollten. Hier sind die häufigsten Fehler, die in solchen Gesprächen gemacht werden:
Unzureichende Vorbereitung oder mangelnde Marktkenntnis
Ein häufiger Fehler ist ein Mangel an Vorbereitung. Wenn du deinen Marktwert oder die durchschnittlichen Gehälter in deiner Position nicht kennst, gehst du blind in die Verhandlung.
Do: Nimm dir Zeit für eine gründliche Recherche, bevor das Gespräch stattfindet.
Don't: Gehe nicht nur von deinem aktuellen Gehalt oder deinen persönlichen Bedürfnissen aus.
Emotionalität und das persönliche Verhältnis zum Arbeitgeber
Es ist leicht, das Gespräch emotional zu führen, besonders wenn du dich unterbewertet fühlst oder schon lange für die Einrichtung arbeitest.
Do: Bleibe sachlich und fokussiert auf Fakten, Zahlen und deinen Mehrwert für das Unternehmen.
Don't: Vermeide es, das Gespräch in eine emotionale Diskussion zu verwandeln oder aufgrund deines persönlichen Verhältnisses zum Arbeitgeber Kompromisse einzugehen.
Zu früh Kompromisse eingehen oder sich unter Wert verkaufen
In der Hoffnung, schnell eine Einigung zu erzielen, geben manche zu früh nach oder verkaufen sich unter Wert.
Do: Sei geduldig und selbstbewusst. Deine Vorbereitung und Kenntnisse geben dir die Basis, standhaft zu bleiben.
Don't: Lasse dich nicht von schnellen Angeboten verführen, die deinem Wert nicht gerecht werden.
Erinnere dich stets daran: Jeder Verhandlung liegt eine beidseitige Wertschätzung zugrunde. Mit Selbstbewusstsein, Vorbereitung und der Vermeidung dieser häufigen Fehlerquellen bist du bestens gerüstet, um eine für beide Seiten vorteilhafte Einigung zu erzielen.
Gehaltsverhandlungen in besonderen Situationen
In jeder Phase deiner beruflichen Laufbahn können unterschiedliche Herausforderungen und Chancen bei Gehaltsverhandlungen auftreten. Einige dieser besonderen Situationen wollen wir nun beleuchten.
Als Berufseinsteiger: Was ist zu beachten?
Dein erster Job ist aufregend und mit vielen neuen Erfahrungen verbunden. Bei der Gehaltsverhandlung könntest du deswegen natürlicherweise etwas unsicher sein.
Do: Informiere dich über branchenübliche Einstiegsgehälter und denke daran, dass deine Arbeit auch als Berufsanfänger wertvoll ist, zumal viele Praxen von den kassenärztlichen Vereinigungen auch einen signifikanten Betrag für die Beschäftigung von Weiterbildungsassistenten erhalten.
Don't: Unterschätze dich nicht. Selbst wenn du noch nicht viel Berufserfahrung hast, bringst du frisches Wissen, eine topaktuelle Ausbildung und viel Motivation mit.
Nach einer längeren Auszeit, z.B. Elternzeit
Die Rückkehr nach einer Pause ist für viele mit gemischten Gefühlen verbunden, weil man sich der eigenen Fähigkeiten vielleicht nicht mehr ganz so bewusst ist. Bei der Gehaltsverhandlung könnten daher möglicherweise Bedenken aufkommen.
Do: Betone die Fähigkeiten und Erfahrungen, die du vor deiner Auszeit gesammelt hast. Erkläre, wie du dein Wissen auf dem neuesten Stand gehalten hast, z.B. durch Fortbildungen.
Don't: Lasse dich nicht aufgrund der Auszeit herabstufen. Dein Wissen und deine Erfahrung sind nach wie vor wertvoll.
Gehaltsverhandlung bei einem Arbeitgeberwechsel
Ein Jobwechsel kann eine großartige Gelegenheit darstellen, um eine Gehaltserhöhung zu erzielen.
Do: Nutze die Chance, um einen höheren Lohn zu verhandeln, besonders wenn du mit zusätzlichen Verantwortlichkeiten betraut wirst.
Don't: Vermeide den Vergleich mit deinem alten Gehalt, besonders wenn es unterdurchschnittlich war. Der Fokus sollte auf deinem aktuellen Marktwert und den Anforderungen der neuen Position liegen.
Egal in welcher Phase du dich befindest, eine gründliche Vorbereitung und das Wissen um deinen eigenen Wert sind das A und O jeder erfolgreichen Gehaltsverhandlung. Nutze besondere Situationen als Chance, dich selbst neu zu bewerten und das Beste für dich herauszuholen.
Fazit
Gehaltsverhandlungen sind weit mehr als nur Zahlen und Fakten – sie sind ein Spiegelbild deines Selbstwertes und deiner Anerkennung in deinem Beruf. Die Bedeutung von gründlicher Vorbereitung und dem Bewusstsein über den eigenen Wert kann nicht genug betont werden. Du verdienst Anerkennung und ein Gehalt, das deinem Wert entspricht. Also, sei mutig, tritt proaktiv auf und kommuniziere klar deine Wünsche und Vorstellungen. Wir wünschen dir viel Erfolg auf dem Weg zu deinem Traumgehalt!
Zusätzliche Ressourcen zur Vorbereitung auf die Gehaltsverhandlung
Wenn du deine Verhandlungsfähigkeiten weiter schärfen und dich noch umfassender informieren möchtest, sind hier einige Ressourcen und Literaturhinweise, die wir dir ans Herz legen möchten:
Buchempfehlungen und Kurse
Geheime Tricks für mehr Gehalt: Ein Chef verrät, wie Sie Ihren Chef überzeugen* von Martin Wehrle bietet tiefgreifende Einblicke in die Welt der Gehaltsverhandlungen.
Kompromisslos verhandeln: Die Strategien und Methoden des Verhandlungsführers des FBI* von Chris Voss
Online-Kurse auf Plattformen wie Udemy oder Coursera bieten spezielle Trainings zu Verhandlungstechniken an.
Statistiken und Studien
Die "Bundesärztekammer" veröffentlicht regelmäßig Statistiken zu Ärztegehältern und Arbeitsbedingungen.
Websites wie "Gehalt.de" oder "Kununu" bieten konkrete Daten zu Durchschnittsgehältern für verschiedene medizinische Positionen in Deutschland.
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