Finanzen
Versorgungswerke für Ärzte endlich verstehen: Unser Leitfaden
Lesedauer: 15 Minuten
11.02.2024
Einleitung
Berufsständische Altersvorsorge - das klingt zunächst mal nicht besonders aufregend. Aus eigener Erfahrung weißt du wahrscheinlich, dass man sich mit dem Thema Ärzteversorgung zwar bereits kurz nach Antritt der ersten Stelle als Assistenzarzt bzw. -ärztin beschäftigen muss, es dann jedoch oft schnell wieder in Vergessenheit gerät.
Irgendwo hat man schließlich gehört, dass die Rente für Ärztinnen und Ärzte deutlich höher ausfällt als in der Deutschen Rentenversicherung, also wird es dann schon irgendwie hinhauen mit der Altersversorgung. Wie wir in diesem umfassenden Leitfaden zum Thema Ärzteversorgungswerke sehen werden, ist es jedoch nicht ganz so einfach wie gedacht.
Als Angehörige des ärztlichen Berufsstandes stehen wir während unserer Berufstätigkeit vor besonderen Herausforderungen (wie z.B. die Gründung einer eigenen Praxis). Die Besonderheit der Ärzteversorgung liegt daher neben der im Vergleich deutlich höheren Altersrente auch in ihrer maßgeschneiderten Struktur.
Während die Deutsche Rentenversicherung für die breite Bevölkerung konzipiert ist, kann die Ärzteversorgung gezielt die individuellen Karriereverläufe, Einkommensstrukturen und Risiken des ärztlichen Berufes adressieren. Die Versorgungswerke für Ärzte stellen damit einen wesentlichen Baustein in der finanziellen Absicherung für Ärzte und Ärztinnen dar.
In diesem Guide erfährst du alles, was du über die Versorgungswerke für Ärzte wissen musst – von der Höhe und Art der Rentenberechnung bis hin zu speziellen Regelungen während der Elternzeit oder bei Berufsunfähigkeit.
1. Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung als Arzt
Alle Angestellten (und hierzu zählen auch angestellte Ärztinnen und Ärzte) werden automatisch Mitglied der Deutschen Rentenversicherung. Als Ärztin bzw. Arzt bist du darüber hinaus auch Pflichtmitglied in der für dich zuständigen Ärzteversorgung. Das führt zu einem Problem: du wärst theoretisch verpflichtet, in zwei Rentensysteme einzuzahlen und müsstest dementsprechend doppelt Rentenbeiträge einzahlen.
Glücklicherweise ist es möglich, sich von der Beitragspflicht zur Deutschen Rentenversicherung befreien zu lassen und somit nur in die Ärzteversorgung einzuzahlen. Dieser Antrag zur Befreiung von der Deutschen Rentenversicherung muss innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme des Angestelltenverhältnisses erfolgen.
Hierbei ist wichtig zu erwähnen, dass dieser Antrag bei einem Stellenwechsel jedes Mal neu gestellt werden muss. Es reicht also nicht aus, den DRV-Befreiungsantrag einmal zu Beginn der Berufstätigkeit einzureichen, sondern dies muss bei jedem neuen Arbeitgeber erneut geschehen.
Auch wenn du umziehst und in einem anderen Kammerbereich tätig und damit Mitglied in einer anderen Ärzteversorgung wirst, musst du dich als Ärztin bzw. Arzt erneut von der Deutschen Rentenversicherung befreien lassen.
Seit letztem Jahr ist es möglich, den Antrag zur Befreiung von der Beitragspflicht in der Deutschen Rentenversicherung online zu stellen (zum Antragsformular).
2. Grundlagen der Rentenversicherung in Deutschland
Zunächst sollten wir uns mit einigen grundlegenden Konzepten und mit den relevanten Institutionen auf dem Gebiet der Altersvorsorge in Deutschland vertraut machen.
Jeder Mensch und damit auch jede Ärztin und jeder Arzt benötigt im Ruhestand (also wenn das Einkommen durch aktive Arbeit wegfällt) einen oder am besten mehrere Einkommensströme, um die Kosten für Unterkunft, Lebensmittel, Gesundheitsversorgung und vielleicht auch den ein oder anderen Luxus tragen zu können.
Ein kurzer Exkurs in die Geschichte: In Deutschland wurde im Jahr 1889 das Gesetz über die Invaliditäts- und Altersversicherung verabschiedet. Hierbei handelte es sich jedoch nicht um eine vollwertige Rentenversicherung, sondern eher um eine Berufsunfähigkeitsversicherung, die primär den Lebensunterhalt für Invaliden sichern sollte. Lediglich ab einem Alter von 70 Jahren - was weit über der damaligen Lebenserwartung lag - erhielten Seniorinnen und Senioren einen Zuschuss zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts.
Nach zahlreichen Reformen in den folgenden Jahrzehnten wurde im Jahr 1957 unter Konrad Adenauer eine entscheidende Reform des Rentensystems mit der Umstellung von einem Kapitaldeckungsverfahren zum Umlageverfahren verabschiedet, auf dem die Deutsche Rentenversicherung noch heute basiert.
Kapitaldeckungsverfahren
Das Kapitaldeckungsverfahren funktioniert folgendermaßen: Stell dir vor, du möchtest im Alter finanziell abgesichert sein und legst dafür regelmäßig Geld auf einem Sparkonto zurück. Über die Jahre hinweg zahlst du kontinuierlich ein, und das Geld auf dem Konto wird verzinst oder investiert. Wenn du dann in den Ruhestand gehst, hast du ein finanzielles Polster angesammelt, das dir ermöglicht, deine Rente aus diesem angesparten Kapital zu beziehen.
Folgendes passiert beim Kapitaldeckungsverfahren:
Ansparen: Während deiner Berufstätigkeit zahlst du Beiträge in einen Fonds oder eine Versicherungsgesellschaft. Dieses Geld wird nicht sofort an Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt, sondern für dich persönlich angelegt und verzinst.
Verzinsung: Deine eingebrachten Beiträge werden investiert, beispielsweise in Aktien, Anleihen oder Immobilien. Durch diese Kapitalanlagen erwirtschaftet das Geld über die Zeit hinweg Rendite.
Auszahlung: Sobald du in den Ruhestand gehst, wird das angesammelte Kapital inklusive der erwirtschafteten Zinsen dazu verwendet, deine Rente auszuzahlen. Die Höhe der Rente hängt dann von den über die Jahre eingezahlten Beiträgen und der erzielten Rendite ab.
Das Kapitaldeckungsverfahren basiert also darauf, dass alle für die eigene Rente sparen. Du kannst dir das wie ein "persönliches Sparkonto" für die Rente vorstellen, das unabhängig von der zukünftigen demografischen Entwicklung ist, aber dafür stärker von den Schwankungen der Kapitalmärkte beeinflusst werden kann.
Umlageverfahren
Das Umlageverfahren funktioniert anders als das Kapitaldeckungsverfahren. Es basiert auf einem stetigen Geldtransfer zwischen zwei Generationen vor: der arbeitenden Generation und der Generation der Rentenbezieher.
Einbezahlen: Wenn du arbeitest und Teil der erwerbstätigen Bevölkerung bist, zahlst du einen Teil deines Gehalts in die Rentenversicherung ein.
Direkte Umverteilung: Dieses Geld wird nicht für dich persönlich gespart oder angelegt, sondern direkt an die aktuell lebenden Rentnerinnen und Rentner ausgezahlt. Mit anderen Worten: Deine Beiträge zur Rentenversicherung werden direkt dazu verwendet, die Renten der jetzigen Rentnergeneration zu finanzieren.
Deine Rente: Wenn du in den Ruhestand gehst, erhältst du deine Rente aus den Beiträgen, die die dann arbeitende Generation in die Rentenversicherung einzahlt. Du bist dann auf die Beiträge der jüngeren Generation angewiesen, so wie die früheren Rentnerinnen und Rentner auf deine Beiträge angewiesen waren.
Das Umlageverfahren basiert also auf einem ständigen Kreislauf, bei dem die jeweilige arbeitende Generation die Rente der jeweiligen Rentnergeneration finanziert. Es wird nichts für später angelegt oder verzinst.
Der Vorteil dieses Systems ist, dass es nicht von den Schwankungen der Kapitalmärkte beeinflusst wird. Allerdings ist es stark abhängig von der demografischen Entwicklung. Wenn es viel mehr Rentnerinnen und Rentner als Erwerbstätige gibt, kann das System unter Druck geraten, da die Einnahmen aus den Beiträgen der arbeitenden Bevölkerung möglicherweise nicht ausreichen, um die Renten der älteren Generation zu finanzieren.
Demographischer Wandel und die Konsequenzen für die Altersversorgung
Da der Renteneintritt der sogenannten Babyboomergeneration nun unmittelbar bevorsteht bzw. zum Teil schon begonnen hat, ist zu erwarten, dass sich die Situation der DRV weiter verschärfen wird. Es werden große Transferzahlungen aus Steuereinnahmen notwendig sein, um die Gesetzliche Rentenversicherung vor dem Zusammenbruch zu bewahren und auch mögliche weitere Erhöhungen des Renteneintrittsalters sind nicht auszuschließen.
Warum erzählen wir dir das alles? Der demographische Wandel betrifft uns als Medizinerinnen und Mediziner ebenfalls und damit auch unsere Versorgungswerke für Ärzte. Anders als die gesetzliche Rentenversicherung, welche das gesamte Bundesgebiet umfasst, ist die Altersversorgung für Ärztinnen und Ärzte relativ stark regionalisiert, was Konsequenzen für deine Rentenansprüche haben könnte.
Grundlagen der Ärzteversorgung
Die Ärzteversorgungswerke haben in Deutschland eine lange Tradition. Sie entstanden in der Zeit der Weimarer Republik, als es darum ging, eine adäquate Altersversorgung für freiberuflich tätige Ärzte zu schaffen, da diese nicht Mitglied der allgemeinen Rentenversicherung waren und deren Privatvermögen durch die Inflation von 1923 entwertet worden waren.
Heute existieren insgesamt 18 Versorgungswerke für Ärzte und Ärztinnen, die den regionalen Gegebenheiten und Besonderheiten Rechnung tragen. Jedes Versorgungswerk ist eigenständig, was bedeutet, dass es Unterschiede in den Leistungen und Beiträgen geben kann. Diese regionale Struktur sichert eine enge Anbindung an die spezifischen Bedürfnisse der Ärzteschaft in den verschiedenen Teilen Deutschlands.
Die gute Nachricht für Angehörige der Heilberufe ist, dass die durchschnittlichen Rentenzahlungen der Versorgungswerke im Vergleich zur Deutschen Rentenversicherung aktuell ungefähr doppelt so hoch sind und die Mitgliedschaft im Versorgungswerk noch weitere Vorteile bietet.
Die Leistungen der Ärzteversorgungswerke umfassen nämlich sowohl eine Alters- als auch eine Berufsunfähigkeitsrente und Hinterbliebenenversorgung. Als Mitglied eines Versorgungswerks für Ärzte trägst du also nicht nur zu deiner eigenen Altersvorsorge bei, sondern sicherst dich und deine Familie auch gegen manche Risiken des Berufslebens ab.
Rentenfinanzierung in den Versorgungswerken für Ärzte
Wie werden die Altersrenten in den 18 Ärzteversorgungen berechnet und erwirtschaftet - nach dem Umlage- oder nach dem Kapitaldeckungsverfahren? Die Antwort lautet: weder noch. Um die Sache noch ein wenig komplizierter zu machen, bedienen sich Versorgungswerke zweier weiterer Verfahren. Am besten informierst du dich anhand der Satzung deines Versorgungswerks, mit welchem Verfahren dort gearbeitet wird.
Offenes Deckungsplanverfahren
Die Mehrzahl der Versorgungswerke verwendet dieses Verfahren, bei dem es sich um eine Mischung zwischen Umlage- und Kapitaldeckungsverfahren handelt. Das offene Deckungsplanverfahren in der Rentenfinanzierung ist wie ein langfristiger Spar- und Investitionsplan für künftige Rentenleistungen zu sehen.
Langfristige Planung: Es berücksichtigt nicht nur die aktuell angesammelten Ansprüche, sondern auch zukünftige Beiträge neuer Mitglieder und erwartete Kapitalmarktrenditen, um die gesamten zukünftigen Rentenverpflichtungen zu decken.
Flexibilität: Die Strategie kann an veränderte Marktbedingungen oder Erwartungen angepasst werden, um sicherzustellen, dass die zukünftigen Renten finanziert werden können.
Investitionen: Die Beiträge werden mit dem Ziel eines langfristigen Wachstums zum Teil auch in riskantere Anlagen investiert. Der Anlagehorizont wird als lang genug erachtet, um kurzfristige Marktschwankungen auszugleichen.
Da ein Teil der Rentenbeiträge direkt an die Rentenbezieher fließt, ist das offene Deckungsplanverfahren davon abhängig, dass auch in Zukunft neue Mitglieder dem Versorgungswerk beitreten und entsprechende Beitragszahlungen eingehen. In Regionen, in denen bereits heute ein Ärztemangel herrscht und Kassensitze mangels Nachfrage nicht besetzt werden können, könnte dies in Zukunft einen Einfluss auf die Rentenhöhe haben.
Modifizierte Anwartschaftsdeckung
Dieses heute selten angewandte System ähnelt am ehesten einer privaten Rentenversicherung. Mit den eingezahlten Beiträgen bildet jedes Mitglied einen individuellen Kapitalstock, dessen Erträge dem jeweiligen Mitglied zustehen. Die Rentenhöhe ist dann u.a. davon abhängig, wie lange deine Beiträge beim Versorgungswerk liegen. Es erfolgt keine Umlage an andere Mitglieder.
Rentenberechnung im Versorgungswerk für Ärzte
Die Höhe deiner Rente aus dem berufsständischen Versorgungswerk wird durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst, die sowohl individuelle Beitragsleistungen als auch übergeordnete wirtschaftliche und demografische Bedingungen des Versorgungswerkes umfassen. Im Folgenden werden wir diese Punkte näher erläutern.
Individuelle Faktoren bei der Rentenberechnung
Beitragszahlungsdauer: Die Dauer deiner Beitragszahlungen spielt eine zentrale Rolle. Längere Beitragszeiten bedeuten in der Regel höhere Rentenanwartschaften.
Höhe der Beiträge: Die Beitragshöhe (aktuell 18,6% des Bruttoeinkommens bis hin zu einem gedeckelten Maximalbetrag) hat einen Einfluss auf die Rentenhöhe, wobei höhere Einkommen zu höheren Beiträgen und somit zu höheren Rentenansprüchen führen. Auch freiwillige Zusatzbeiträge können die Rentenhöhe steigern
Renteneintrittsalter: Der Zeitpunkt deines Renteneintritts hat einen direkten Einfluss auf die Höhe deiner Rente. Ein früherer Eintritt führt regelmäßig zu Abschlägen, während ein späterer Eintritt die Rentenhöhe steigern kann.
Übergeordnete Faktoren des Versorgungswerkes
Kapitalanlagen und Rendite: Die Rendite der Kapitalanlagen des Versorgungswerks, abhängig von der Investitionsstrategie und Marktentwicklung, beeinflusst die finanzielle Basis und somit die Rentenhöhe.
Demografische Entwicklung: Die Anzahl der Mitglieder und deren Altersstruktur sind entscheidend für das finanzielle Gleichgewicht des Versorgungswerks.
Wirtschaftliche und gesetzliche Rahmenbedingungen: Inflation und gesetzliche Änderungen können sowohl die Beitragsbemessung als auch die Rentenberechnungsformeln und die Kaufkraft der Renten beeinflussen.
Rentenanpassungsmechanismen: Viele Versorgungswerke passen die Renten regelmäßig an, um sie an die wirtschaftliche Entwicklung, Inflation und Veränderungen in der Mitgliederstruktur anzupassen. Renten können erhöht, jedoch auch gekürzt werden, wenn das Versorgungswerk in eine wirtschaftliche Schieflage gerät.
Diese Faktoren wirken zusammen und bestimmen die Rentenhöhe, die du von deiner Ärzteversorgung erwarten kannst. Während deine individuellen Beitragsleistungen und Entscheidungen eine wesentliche Grundlage bilden, haben auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und strategische Ausrichtung des Versorgungswerks einen nicht zu unterschätzenden Einfluss.
Darüber hinaus musst du berücksichtigen, dass auf deine Rentenbezüge noch Steuern anfallen und dass die Ärzteversorgung im Gegensatz zur Deutschen Rentenversicherung keinen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag im Alter leistet. So kann es schnell passieren, dass von der erhofften Rente aus der Ärzteversorgung nicht mehr allzu viel übrig bleibt, um den gewohnten Lebensstandard zu halten.
In diesem Artikel haben wir zusammengefasst, welche Strategien dir zur Schließung dieser möglichen Rentenlücke zur Verfügung stehen.
Rentenerhöhung Versorgungswerk
Rentenerhöhungen in den Ärzteversorgungen werden in der Regel durch die wirtschaftliche Entwicklung und die Ertragskraft der Kapitalanlagen des Versorgungswerks sowie durch die Mitgliederstruktur bestimmt. Dabei spielen die Renditen der investierten Beiträge eine wesentliche Rolle. Wenn das Versorgungswerk seine Kapitalanlagen effizient verwaltet und die Finanzmärkte eine positive Entwicklung aufweisen, können Überschüsse erzielt werden, die teilweise für eine Rentenerhöhung verwendet werden können.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die demografische Entwicklung innerhalb des Versorgungswerks. Ein adäquates Verhältnis zwischen aktiven Beitragszahlern und Rentenempfängern unterstützt die finanzielle Stabilität und ermöglicht dann eher Rentenanpassungen nach oben.
Zudem spielen gesetzliche Rahmenbedingungen und die allgemeine Inflationsentwicklung eine Rolle. Viele Versorgungswerke bemühen sich, die Renten regelmäßig anzupassen, um die Kaufkraft der Rentenempfänger zu erhalten und somit einen realen Wertverlust der Rente zu vermeiden. Abhängig von der zukünftigen Inflationsentwicklung wird dies für die meisten Versorgungswerke wahrscheinlich nicht zu realisieren sein, was einem realen Kaufkraftverlust gleichkommt.
Rentenerhöhungen durch dein berufsständisches Versorgungswerk sind nicht garantiert und hängen von vielen Faktoren ab, darunter wie erwähnt die wirtschaftliche Performance des Versorgungswerks, die Entwicklung der Finanzmärkte und die demografische Struktur der Mitglieder. Es ist daher wichtig, dass du dich regelmäßig über die Entwicklung deines Versorgungswerks informierst und die Entwicklung deiner Rentenanwartschaft genau verfolgst. Hierzu bieten viele Versorgungswerke mittlerweile eigene Onlineportale.
Für eine umfassende und individuelle Beratung ist es ratsam, sich bei Unklarheiten direkt an das eigene Versorgungswerk zu wenden. Nur so können persönliche Fragen geklärt und eine auf die individuelle Situation abgestimmte Planung gewährleistet werden.
Anpassung der Beitragshöhe während bzw. nach der Niederlassung
Da bei vielen Kolleginnen und Kollegen während bzw. kurz nach der Niederlassung sehr auf Liquidität geachtet werden muss (siehe auch hier), ermöglichen viele Ärzteversorgungen es, im Jahr der Niederlassung und im Folgejahr die Beitragshöhe signifikant zu reduzieren.
In anderen Fällen wie z.B. bei Arbeitslosigkeit oder Mutterschutz gibt es ebenfalls die Möglichkeit, Rentenbeiträge zu reduzieren oder sich beitragsfrei stellen zu lassen, wodurch jedoch die Rentenanwartschaft sinkt.
Ärzteversorgung und Elternzeit
Auch im Hinblick auf Elternzeit und Mutterschutz solltest du deine Altersvorsorge nicht aus den Augen verlieren! Bei den meisten Ärzteversorgungswerken stehen dir hier mehrere Optionen offen: Zumeist besteht die Möglichkeit, deine durchschnittlichen Versorgungswerkbeiträge der letzten 12 Monate einfach weiterzuzahlen. Hierdurch bleibt deine voraussichtlich erzielbare Rentenhöhe erhalten.
Während der gesetzlich vorgesehenen Schutzfristen, also von 6 Wochen vor bis 8 Wochen nach der Geburt sowie in der Elternzeit kannst du dich auch dafür entscheiden, reduzierte Beitragszahlungen zu leisten, wobei du jedoch zumindest den Mindestbeitrag deiner Ärzteversorgung leisten musst. Das hat jedoch eine sinkende Rentenanwartschaft zur Folge, die du allenfalls durch deutlich höhere Beitragszahlungen wieder ausgleichen kannst, wenn du die ärztliche Tätigkeit wieder aufnimmst.
Außerdem hast du die Möglichkeit, dir bei der Deutschen Rentenversicherung Kindererziehungszeiten anrechnen zu lassen, um dir so zusätzliche Rentenansprüche zu sichern. Lasse dich hierzu am besten direkt von deinem Versorgungswerk beraten.
Umziehen als Ärztin oder Arzt - auch bei der Altersversorgung lauert Bürokratie
Wenn dein neuer Tätigkeitsort innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der bisherigen Ärztekammer und damit Ärzteversorgung liegt, bleibst du bei der gleichen Ärzteversorgung. Meistens (jedoch nicht immer, informiere dich bitte vor einem Umzug bzw. Jobwechsel bei deinem Versorgungswerk über die Modalitäten) entspricht das dem jeweiligen Bundesland.
Warst du bisher im Zuständigkeitsbereich einer Ärztekammer tätig und beginnst einen neuen Job im Zuständigkeitsbereich einer anderen Ärztekammer, so verlässt du die bisherige Ärzteversorgung und wirst Pflichtmitglied in der Ärzteversorgung, die für deinen Tätigkeitsort zuständig ist.
Was passiert nun mit deinen Beiträgen? Hast du in die bisherige Ärzteversorgung weniger als 96 Monate Beiträge eingezahlt und bist jünger als 50 Jahre, dann kannst du deine Beiträge in das neue Versorgungswerk überleiten lassen. Ist das nicht der Fall, bleiben deine Beiträge beim alten Versorgungswerk und du erhältst später von dort Rentenzahlungen.
Wenn du deine Beiträge in das neue Versorgungswerk überleiten möchtest, dann musst du das innerhalb von 6 Monaten nach Wechsel des Versorgungswerks beantragen. Informiere dich eingehend bei deinem alten und neuen Versorgungswerk, ob und wann eine Überleitung Sinn macht oder ob du bei einer Überleitung möglicherweise Anwartschaftsverluste riskierst.
Leistungen der Ärzteversorgung bei Berufsunfähigkeit
Wenn du dich schon einmal mit dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung beschäftigt hast, weißt du wahrscheinlich, dass auch die Versorgungswerke einen gewissen Schutz vor Berufsunfähigkeit bieten. Es ist jedoch leider so, dass die Berufsunfähigkeitsrente von den Versorgungswerken nur bei vollständiger Berufsunfähigkeit (meistens mit der Rückgabe deiner Approbation verbunden) auch wirklich ausgezahlt wird, was sehr selten der Fall ist.
Bist du beispielsweise Chirurgin oder Chirurg und hast einen schweren Unfall, infolgedessen du nicht mehr operativ tätig sein kannst, ist es aus Sicht des Versorgungswerks immer noch möglich, dass du zum Beispiel gutachterlich tätig bist.
Die Berufsunfähigkeitsrente von Versorgungswerken beträgt zumeist um 70% der Rentenanwartschaft. Hast du erst vor wenigen Jahren eine Berufstätigkeit aufgenommen und wirst dann plötzlich berufsunfähig, so wird diese BU-Rente in den meisten Fällen nicht ausreichen, um sämtliche Lebenshaltungskosten zu decken. Eine Anpassung bzw. Erhöhung mit der jeweiligen Inflationsrate findet durch die Ärzteversorgung ebenfalls nicht statt, sodass die Berufsunfähigkeitsrente rasch an Kaufkraft verlieren kann.
Wir empfehlen dir, den Rentenbescheid deines Versorgungswerkes genau anzusehen, dort ist die zu erwartende Berufsunfähigkeitsrente angegeben. Daraufhin solltest du dir überlegen, wie weit du damit im Fall einer vollständigen Berufsunfähigkeit kommen würdest, vor allem weil hier dann auch Kosten für Hilfsmittel oder Umbaumaßnahmen etc. notwendig werden könnten. Auch solltest du dich in der Satzung deines Versorgungswerkes mit den genauen Bedingungen für die Auszahlung einer Berufsunfähigkeitsrente vertraut machen.
Falls deine Lebenshaltungskosten inkl. erwarteter Inflation nicht durch andere Quellen wie beispielsweise Mieteinnahmen oder Dividenden gedeckt werden können und deine klinische Arbeit deine einzige Einkommensquelle darstellt, empfehlen wir dir, diese Einkommensquelle zusätzlich durch eine separate Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärzte abzusichern. Das solltest du tun, solange du gesund bist, da der Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung eine Gesundheitsprüfung mit sich bringt und ein späterer Vertragsabschluss die monatlichen Beiträge erhöht.
Weitere Informationen zu diesem Thema findest du in diesem Blogbeitrag.
Hinterbliebenenrente durch die Ärzteversorgung
Verstirbt ein Mitglied der Ärzteversorgung, so leisten die Versorgungswerke in den meisten Fällen eine Hinterbliebenenrente. Die Witwen- bzw. Witwerrente beträgt meistens um die 60% des Rentenanspruchs des Mitglieds zum Todeszeitpunkt.
Diese Rentenzahlung erfolgt, ohne dass dabei die Rente der bzw. des Hinterbliebenen berücksichtigt bzw. verrechnet wird, was einen deutlichen Vorteil im Vergleich zur Deutschen Rentenversicherung darstellt, da die Hinterbliebenenrente hier mit der eigenen Rente der bzw. des Hinterbliebenen verrechnet wird.
Auch Kindern unter 18 Jahren steht eine Hinterbliebenenrente zu, welche zumeist bis zum 27. Lebensjahr gezahlt wird, sofern die Kinder bis zu diesem Zeitpunkt eine Ausbildung bzw. Studium absolvieren.
Am besten informierst du dich bei deinem Versorgungswerk über die genauen Bedingungen für die Hinterbliebenenrente. Hierbei muss beachtet werden, dass die Auszahlung der Hinterbliebenenrente nicht automatisch, sondern nur auf Antrag erfolgt.
Renteneintrittsalter Ärzteversorgung und Übergangsregelungen
Das Renteneintrittsalter spielt eine entscheidende Rolle in der Planung deines Ruhestands. Das reguläre Renteneintrittsalter liegt aktuell bei den Jahrgängen ab 1961 bei 67 Jahren. Es gibt jedoch auch Möglichkeiten, früher in Rente zu gehen, wobei dies in der Regel mit Abschlägen verbunden ist.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit einer vorgezogenen Altersrente, die es dir ermöglichen kann, bereits 5 Jahre vor dem Erreichen des Renteneintrittsalters deine Altersrente zu beziehen. Die Leistungen sind hier zwar geringer, dafür musst du aber auch keine Beiträge mehr an die Ärzteversorgung leisten. Informiere dich über die spezifischen Regelungen deines Versorgungswerks, um eine für dich passende Entscheidung zu treffen und bespreche die möglichen Implikationen auch mit deiner Steuerberatung.
Versorgungswerk und Krankenversicherung
Die Versorgungswerke für Ärzte unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt von der Deutschen Rentenversicherung. Rentner, die in der DRV versichert sind, erhalten einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag aus der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Als Mitglieder der Ärzteversorgung sehen wir uns dagegen damit konfrontiert, den kompletten Beitrag aus der eigenen Tasche tragen zu müssen. Dabei ist es egal, ob du gesetzlich oder privat versichert bist. Dies kann unsere Netto-Rente deutlich schmälern und erfordert eine vorausschauende Planung, um den Beitrag dauerhaft tragen zu können.
Nachteile und Unwägbarkeiten der Versorgungswerke
Versorgungswerke werden von länderspezifischen Institutionen und nicht von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwacht. Es besteht keine gesetzliche Regelung dahingehend, was bei der Insolvenz eines Versorgungswerkes passieren würde und ob die Altersrenten gesichert wären.
Bei weiter steigender Lebenserwartung und weiterhin steigendem Frauenanteil in der Medizin müssen Rentenzahlungen länger als früher geleistet werden. Da der Kuchen aus Kapitalerträgen und Rentenbeiträgen nicht beliebig gesteigert werden kann, könnte dies in den nächsten Jahren zu Rentenkürzungen führen.
Die Renten unterliegen wie dein Arbeitseinkommen ebenfalls der Inflation. Die aktuellen Rentenbezieher nehmen derzeit einen Kaufkraftverlust von ca. 3% (Januar 2024) in Kauf. Man kann leicht ausrechnen, dass nach 10 Jahren nicht mehr so viel Kaufkraft übrig ist. Es ist eher nicht davon auszugehen, dass es den Versorgungswerken gelingt, dauerhaft eine Rendite oberhalb der Inflationsrate zu erzielen.
Ein weiterer Nachteil der Versorgungswerke besteht darin, dass die Leistungen nicht garantiert sind und abhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gekürzt werden könnten. Du solltest also in jedem Fall auch privat zusätzlich vorsorgen, um dir zusätzliche Einkommensströme aufzubauen. Hierzu findest du in diesem Artikel einige zusätzliche Tipps.
Praktische Tipps und häufige Fragen zur Ärzteversorgung
Die Versorgungswerkrente ist ein wesentlicher Baustein deiner finanziellen Absicherung im Ruhestand. Hier findest du praktische Tipps und Antworten auf häufige Fragen, um dich bestmöglich in diesem wichtigen Bereich zu orientieren.
Versorgungswerkrente berechnen
Viele Versorgungswerke bieten mittlerweile auf Ihren Portalen die Möglichkeit zur Rentenberechnung bzw. auch zur Rentensimulation. So kannst du herausfinden, wie sich beispielsweise freiwillige Zusatzzahlungen auf deine Rentenhöhe auswirken würden.
Häufige Fragen und Missverständnisse
Frage: Kann ich mich als angestellter Arzt von der Ärzteversorgung befreien lassen?
Antwort: Nein, die Mitgliedschaft in einem Ärzteversorgungswerk ist für angestellte Ärzte verpflichtend. Du kannst und solltest dich jedoch von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, um nicht doppelt Beiträge zahlen zu müssen.
Frage: Was passiert mit meinen Beiträgen zur Ärzteversorgung, wenn ich ins Ausland gehe?
Antwort: Für die Zeit im Ausland solltest du dich jedoch individuell beraten lassen, ob und wie Beiträge weitergezahlt werden können.
Frage: Sind freiwillige Mehrzahlungen in das Ärzteversorgungswerk sinnvoll?
Antwort: Das kann je nach persönlicher Situation sinnvoll sein, wenn du Liquidität übrig hast. Eine Beratung durch das Versorgungswerk und deine Steuerberatung ist hier empfehlenswert.
Frage: Kann ich mein Renteneintrittsalter selbst wählen?
Antwort: In gewissem Rahmen ja. Es gibt Möglichkeiten, früher in Rente zu gehen, allerdings oft verbunden mit finanziellen Abschlägen.
Frage: Was passiert mit meiner Ärzteversorgung, wenn ich berufsunfähig werde?
Antwort: Wenn du deinen Beruf als Ärztin oder Arzt überhaupt nicht mehr ausüben kannst, greift die Berufsunfähigkeitsabsicherung des Versorgungswerks. Dies ist nur sehr selten der Fall, weshalb es zumeist Sinn macht, seine Arbeitskraft zusätzlich privat abszusichern.
Frage: Wie wirkt sich die Elternzeit auf meine Beiträge und Rentenansprüche aus?
Antwort: Viele Versorgungswerke bieten die Möglichkeit, während der Elternzeit reduzierte Beiträge zu zahlen, was sich jedoch negativ auf die Höhe deiner Rentenanwartschaft auswirken kann. Bei näheren Fragen erkundigst du dich am besten direkt bei deinem Versorgungswerk.
Fazit
Geschafft. Wenn du den Artikel bis zum Ende durchgelesen hast, solltest du nun ein gutes Verständnis über die wichtigsten Aspekte der berufsständischen Altersvorsorge und der Versorgungswerkrente haben. Wir fassen im Folgenden noch einmal die wichtigsten Punkte zusammen:
Die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung als Ärztin oder Arzt ist wichtig, um doppelte Beitragszahlungen zu vermeiden.
Die Rentenberechnung basiert auf deinen Beitragsjahren und der Höhe deiner Beiträge.
Anpassungen der Rentenhöhe erfolgen basierend auf der finanziellen Lage des Versorgungswerks. Auch Rentenkürzungen sind nicht ausgeschlossen.
Die Ärzteversorgungen bieten einen gewissen (jedoch keinen wirklich ausreichenden) Schutz gegen Berufsunfähigkeit.
In der Elternzeit besteht die Möglichkeit der Beitragsreduzierung oder -aussetzung, was jedoch die Rentenanwartschaft mindern kann.
Das Renteneintrittsalter kann (bis zu einem gewissen Grad) flexibel gestaltet werden.
Insgesamt ist die Ärzteversorgung eine wichtige Säule der Altersversorgung von Ärztinnen und Ärzten. Für eine vertiefende Beschäftigung mit der Ärzteversorgung stehen dir verschiedene Anlaufstellen und Informationsquellen zur Verfügung:
Websites der Ärzteversorgungswerke
Jedes Versorgungswerk verfügt über seine eigene Website mit umfassenden Informationen. Auch die Versorgungswerksatzung kannst du meistens dort abrufen.
Neueste Artikel
Bleib auf dem laufenden