Finanzen
Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte - Was du wissen musst
Lesedauer: 8 Minuten
22.10.2023
Einleitung
Es ist ein sonniger Montagmorgen, und während du dir noch die Hände desinfizierst und dich auf die Sprechstunde vorbereitest, schweifen deine Gedanken kurz ab zu einem Gespräch, das du kürzlich mit einer Kollegin hattest. Es ging um die Berufsunfähigkeitsversicherung – ein Thema, das oft lange verdrängt wird, weil man denkt, einem selbst wird schon nichts passieren.
Die Medizin ist ein erfüllendes, aber auch forderndes Feld, sowohl physisch als auch psychisch. Ein kleiner Unfall oder eine Burnout-Diagnose können das Berufsleben in Sekundenschnelle auf den Kopf stellen. Doch warum ist diese Versicherung so wichtig? Und was solltest du beim Abschluss einer solchen Versicherung beachten? In diesem Blogartikel werden wir diese Fragen eingehend beleuchten.
Was ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung?
Die Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte springt ein, wenn du aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls deinen Beruf nicht mehr ausüben kannst. Sie sorgt dafür, dass du finanziell abgesichert bist, selbst wenn du nicht mehr arbeiten kannst und leistet monatliche Zahlungen, von denen du im Fall der Fälle deinen Lebensunterhalt bestreiten kannst.
Du hast vielleicht schon einmal gelesen oder gehört, dass die Ärzteversorgung auch eine Absicherung gegen Berufsunfähigkeit bietet. Das ist jedoch nur insofern richtig, als dass die Versorgungswerke nur dann eine Berufsunfähigkeitsrente bezahlen, wenn du den Arztberuf überhaupt nicht mehr ausüben kannst. Wenn du also beispielsweise noch ärztliche Gutachten verfassen kannst, kann es sein, dass du von der Ärzteversorgung keine Berufsunfähigkeitsrente erhältst.
Im Gegensatz dazu leisten die meisten Berufsunfähigkeitsversicherungen bereits ab einer 50%-igen Berufsunfähigkeit und sorgt so dafür, dass du auch in stürmischen Zeiten festen Boden unter den Füßen behältst.
Warum eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte sinnvoll ist
Sicher kennst auch du dieses Gefühl: Der Wecker klingelt, und obwohl du meinst, gerade erst eingeschlafen zu sein, beginnt bereits ein neuer Arbeitstag. Unser Beruf ist anspruchsvoll, oft auch stressig, aber gleichzeitig erfüllend und von hoher gesellschaftlicher Bedeutung. Doch die mit unserem Beruf einhergehende Verantwortung birgt auch Risiken.
Der Arztberuf ist nicht nur geistig, sondern auch körperlich oft sehr herausfordernd. Vielleicht erinnerst du dich an deinen letzten 24-Stunden-Dienst, an die Rückenschmerzen nach einer langen OP oder an den emotionalen Stress, der mit der Betreuung eines komplexen Falls verbunden war. Das alles sind Belastungen, die mit der Zeit Spuren hinterlassen können.
Statistiken zeigen, dass ein beachtlicher Prozentsatz der Ärztinnen und Ärzte während ihrer Karriere zumindest zeitweise nicht in der Lage ist, ihren Beruf auszuführen. Dies kann durch körperliche Beschwerden wie Rückenprobleme oder Sehnenentzündungen oder durch psychische Erkrankungen wie z.B. Burnout oder Depressionen bedingt sein.
Aus diesem Grund ist die Berufsunfähigkeitsversicherung für dich als Ärztin bzw. Arzt so wichtig. Sie stellt sicher, dass du, selbst wenn du den Arztkittel an den Nagel hängen musst, nicht vor einer finanziellen Katastrophe stehst. Du kannst das mit einem Rettungsring vergleichen, den du immer dabei hast, wenn du in unbekannten Gewässern schwimmst. Es mag zwar sein, dass du nie in Schwierigkeiten gerätst, aber es ist beruhigend zu wissen, dass du dich im Fall der Fälle an diesem Rettungsring festhalten kannst.
Fallbeispiele - Wenn die Realität eintritt
Vielen von uns erscheint die Vorstellung, vielleicht eines Tages berufsunfähig zu werden, weit entfernt und unrealistisch. Aber das Leben ist unvorhersehbar, und manchmal trifft es uns, wenn wir es am wenigsten erwarten. Diese Fallbeispiele sollen verdeutlichen, wie wichtig es ist, für diesen Fall vorbereitet zu sein.
Szenario 1: Die Ärztin nach dem Autounfall
Dr. Müller, 32 Jahre alt, ist als Chirurgin in einer großen Klinik tätig. Ihr Alltag ist hektisch, aber sie liebt ihre Arbeit. Eines Tages hat sie auf dem Heimweg einen schweren Autounfall. Die Diagnose: mehrere Knochenbrüche und eine dauerhafte Schädigung der Hand. Trotz mehrerer Operationen und intensiver Physiotherapie kann sie die Feinmotorik ihrer Hand nicht wieder vollständig erlangen.
Da sie nicht mehr operieren kann, wird Lisa berufsunfähig. Glücklicherweise hatte sie frühzeitig eine BU-Versicherung abgeschlossen. Dank der monatlichen Rente aus ihrer BU kann sie ihren Lebensstandard halten, sich eine Umschulung leisten und eine neue Position im Krankenhausmanagement finden, die nicht die präzisen Fähigkeiten einer Chirurgin erfordert.
Szenario 2: Der Arzt mit dem Burnout
Dr. Becker, 40 Jahre alt, ist Oberarzt in einer internistischen Abteilung. Er arbeitet inklusive 24 Stunden Diensten oft über 80 Stunden pro Woche, ist für viele Patienten verantwortlich und spürt den Druck, fachlich immer auf dem neuesten Stand sein zu müssen. Über die Jahre fühlt Dr. Becker sich immer erschöpfter. Schließlich schafft er eines Tagens morgens kaum noch, aufzustehen und wird schließlich mit einem schweren Burnout diagnostiziert.
Er kann sich nicht vorstellen, in absehbarer Zeit wieder in seinen Beruf zurückzukehren. Er benötigt Ruhe, therapeutische Unterstützung und vielleicht eine komplette berufliche Neuausrichtung. Dank seiner BU-Versicherung, die auch psychische Erkrankungen abdeckt, erhält er eine monatliche Rente. Dies gibt ihm die finanzielle Sicherheit, sich vollständig auf seine Genesung zu konzentrieren und später einen Weg zu finden, seine medizinische Expertise in einem weniger belastenden Umfeld einzusetzen.
Besonderheiten bei der BU für Ärztinnen und Ärzte
Beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Mediziner musst du verschiedene Besonderheiten beachten.
Zunächst gibt es da die sogenannte Infektionsklausel. Als Medizinerin bzw. Mediziner bist du bestimmten Risiken ausgesetzt, die in anderen Berufen nicht gegeben sind. Eine Infektion, die dich daran hindert, deinen Job weiterhin auszuüben, kann hierbei eine Rolle spielen. Die Infektionsklausel stellt sicher, dass du auch in solchen Fällen abgedeckt bist.
Dann ist da die Frage der genauen Berufsbezeichnung. Es mag vielleicht banal klingen, aber es macht einen Unterschied, ob du als Allgemeinmediziner:in, als Chirurg:in oder Psychiater:in versichert bist. Jede Spezialisierung bringt ihre eigenen Risiken und Herausforderungen mit sich. Eine gute Versicherung berücksichtigt diese Unterschiede, um dir den bestmöglichen Schutz zu bieten.
Vielleicht hast du dich auch schon gefragt, wie es ist, wenn du beispielsweise deine Fachrichtung wechselst oder in einen anderen Tätigkeitsbereich wechselst. Manche Verträge bieten die Möglichkeit, ohne erneute Gesundheitsprüfung den Schutz anzupassen – ein Punkt, den du im Blick behalten solltest.
Im Kern geht es also darum, dass du eine Versicherung bekommst, die wirklich zu dir passt. Sie sollte alle Facetten deines Berufslebens abdecken und flexibel an Veränderungen anpassbar sein.
Höhe der BU-Rente und Anpassung an die Inflation
Wie hoch sollte nun also deine monatliche BU-Rente sein? Wie verhält es sich mit der Inflation? Lass uns diese Fragen Schritt für Schritt klären.
Bestimmung der richtigen Rentenhöhe
Zuerst solltest du dir überlegen, wie viel Geld du monatlich benötigst, um deinen aktuellen Lebensstandard zu halten. Beachte dabei laufende Kosten wie Miete oder Darlehensraten, Lebensmittel, Versicherungen, Freizeitaktivitäten und eventuell Kosten für Kinder oder andere von dir abhängige Personen. Vergiss nicht, auch Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben und zukünftige Sparziele einzuplanen. Ein allgemeiner Richtwert ist oft, dass die BU-Rente 75-80% deines aktuellen Nettogehalts abdecken sollte. Dies berücksichtigt, dass einige Kosten, wie zum Beispiel die für den Arbeitsweg, wegfallen könnten.
Anpassung an die Inflation
Die Inflation bewirkt, dass die Kaufkraft deines Einkommens jedes Jahr sinkt. Ein Auto, das heute vielleicht 20000€ kostet, könnte in 10 Jahren bereits 30000€ kosten. Deshalb ist es sinnvoll, darüber nachzudenken, ob deine BU-Rente eine Dynamik-Option beinhalten sollte. Eine solche Dynamisierung bedeutet, dass die Rentenhöhe und der Beitrag jährlich um einen bestimmten Prozentsatz steigen. Dies kann helfen, den Kaufkraftverlust durch die Inflation auszugleichen. Allerdings erhöht dies auch deine monatlichen Beiträge.
Berücksichtigung deines Karriereverlaufs
Vielleicht befindest du dich gerade noch am Anfang deiner medizinischen Laufbahn und erwartest in den nächsten Jahren eine signifikante Gehaltssteigerung. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, eine Nachversicherungsgarantie in deinem Vertrag zu haben. Dies ermöglicht dir, die Rentenhöhe ohne erneute Gesundheitsprüfung zu erhöhen, falls sich dein Gehalt oder deine Lebensumstände ändern.
Beitragshöhe Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärzte und Ärztinnen
Die Kosten einer Berufsunfähigkeitsversicherung können erheblich variieren, und bei uns Ärztinnen und Ärzten gibt es spezielle Faktoren, die dabei eine Rolle spielen. Im Folgenden werden wir genauer auf verschiedene die Beitragshöhe beeinflussende Faktoren eingehen und dir Tipps zur Senkung der Versicherungskosten geben.
Einflussfaktoren auf die Beitragshöhe
Berufsgruppeneinteilung: Viele Versicherer klassifizieren Berufe nach Risikogruppen. Chirurgen und Chirurginnen könnten zum Beispiel höhere Prämien zahlen als Allgemeinmediziner, weil sie als risikoreicher gelten.
Eintrittsalter: Je jünger du bei Vertragsabschluss bist, desto günstiger sind in der Regel die Beiträge. Denn das Risiko für den Versicherer steigt mit dem Alter.
Gesundheitszustand: Bei Abschluss einer BU werden oft Gesundheitsfragen gestellt. Vorerkrankungen oder regelmäßige Medikamenteneinnahme können die Prämien erhöhen bzw. den Abschluss der Versicherung erschweren.
Vertragslaufzeit und Rentenhöhe: Eine längere Laufzeit und eine höhere Rentenabsicherung führen natürlich zu höheren Kosten.
Ausschlüsse: Bestimmte Krankheiten oder Risiken können von der Versicherung ausgeschlossen werden, was die Prämie reduzieren kann.
Tipps zur Senkung der Versicherungskosten
Früh abschließen: Je jünger und gesünder du bist, desto günstiger sind die Tarife.
Tarif regelmäßig überprüfen: Es lohnt sich, deinen Tarif alle paar Jahre zu überprüfen, um sicherzustellen, dass er noch zu deinen Bedürfnissen passt und marktüblich bepreist ist.
Rauchstatus: Nichtraucher zahlen oft geringere Beiträge. Wenn du also rauchst und überlegst, aufzuhören, könnte dies auch finanzielle Vorteile haben.
Wie du die passende BU-Versicherung für dich findest
Vor dir liegt ein Ozean aus Angeboten, Tarifen und Versicherungsgesellschaften. Die folgenden Punkte solltest du beachten, um die für dich passende Berufsunfähigkeitsversicherung zu finden.
Selbstreflexion: Zunächst solltest du dir über deine eigenen Bedürfnisse und Wünsche im Klaren sein. Wie hoch sollte die monatliche Rente im Falle einer Berufsunfähigkeit sein? Welche Laufzeit des Vertrages macht für dich Sinn? Diese Überlegungen sind der Ausgangspunkt deiner Suche.
Beratung: Wenn du bei der Auswahl der Versicherung etwas mehr Hilfe benötigst, macht es Sinn, einen versierten Versicherungsmakler an deiner Seite zu haben. Dabei solltest du sehr genau darauf achten und fragen, wie die Maklerleistung bezahlt wird. Wir empfehlen prinzipiell Honorarberater, die unabhängig von spezifischen Versicherungsunternehmen sind. Du bezahlst einen gewissen Betrag für die Beratungsleistung, kannst dir jedoch sicher sein, dass die Maklerin bzw. der Makler in deinem Interesse und nicht provisionsgetrieben handelt.
Testberichte und Erfahrungsberichte: Lese Rezensionen von anderen Ärztinnen und Ärzten. Wie sind ihre Erfahrungen mit bestimmten Versicherungsanbietern? Gab es Probleme bei der Auszahlung? Solche persönlichen Geschichten können oft mehr Aufschluss geben als jede Statistik.
Vertragsdetails: Wir können es nicht oft genug betonen: Das Kleingedruckte zählt. Stelle sicher, dass alle Bedingungen und Klauseln deinen Erwartungen entsprechen, damit du später keine bösen Überraschungen erlebst.
Flexibilität: Das Leben besteht aus Veränderung. Vielleicht möchtest du eines Tages eine Familie gründen, dich weiterbilden oder ins Ausland gehen. Deine Versicherung sollte in der Lage sein, sich diesen Änderungen anzupassen
Häufige Fallstricke und Tipps zur Vertragsgestaltung
Beim Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung für Ärztinnen und Ärzte können die vielen Vertragsklauseln, Tarifoptionen und Bedingungen für viele von uns überwältigend wirken. Auf die folgenden Dinge solltest du besonders genau achten:
Das Kleingedruckte. Ja, es kann mühsam sein, sich all die Details durchzulesen. Es ist trotzdem wichtig, dass du genau weißt, was in deinem Vertrag steht. Einige Versicherungen haben beispielsweise Ausschlusskriterien oder setzen bestimmte Bedingungen für die Leistung voraus. Ein häufiger Fallstrick ist die sogenannte abstrakte Verweisung. Hier könnte die Versicherung argumentieren, dass du zwar deinen aktuellen Beruf nicht mehr ausüben kannst, aber noch in der Lage wärst, eine andere Tätigkeit (wie beispielsweise die Erstellung von Gutachten) auszuführen. Du solltest darauf achten, dass eine solche Klausel nicht in deinem Vertrag enthalten ist.
Die Wartezeit. Wie lange dauert es, bis die Versicherungsleistungen tatsächlich ausgezahlt werden? In manchen Verträgen kann dies mehrere Monate dauern. Hier gilt es, genau hinzuschauen und sicherzustellen, dass die Bedingungen für dich in Ordnung sind.
Die Dynamik des Vertrags. Das Leben ist nicht statisch, und auch deine finanziellen Bedürfnisse können sich ändern. Es wäre also hilfreich, wenn dein Vertrag die Möglichkeit bietet, die Versicherungssumme im Laufe der Zeit ohne erneute Gesundheitsprüfung anzupassen.
Denk daran, bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung geht es nicht nur darum, irgendeinen Schutz zu haben, sondern den richtigen Schutz. Mit der richtigen Vorbereitung und ein wenig Sorgfalt kannst du sicherstellen, dass du für die meisten Situationen ausreichend abgesichert bist.
Fazit
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist für uns Mediziner:innen von essentieller Bedeutung. Sie bietet nicht nur finanzielle Sicherheit, sondern auch das Gefühl, gut aufgestellt zu sein, falls etwas Unvorhergesehenes passiert.
Es gibt spezifische Bedingungen und Klauseln, die für unseren Beruf relevant sind. Die richtige Wahl kann den Unterschied ausmachen, ob du im Fall der Fälle wirklich abgesichert bist. Die Suche nach der passenden Versicherung erfordert etwas Zeit, Recherche und vielleicht auch Expertenrat.
Deine nächsten Schritte
Selbstreflexion: Bevor du dich eilig auf die Suche nach einer passenden Versicherung stürzt, nimm dir Zeit, über deine persönlichen und finanziellen Bedürfnisse nachzudenken.
Recherche: Nutze die Ressourcen, die dir zur Verfügung stehen – Vergleichsportale, Testberichte etc.
Entscheidung treffen: Wenn du dir sicher bist, welche Versicherung zu dir passt, zögere nicht. Je früher du dich absicherst, desto besser.
Regelmäßige Überprüfung: Das Leben verändert sich ständig. Schau daher in regelmäßigen Abständen auf deinen Vertrag, um sicherzustellen, dass er immer noch zu deiner aktuellen Lebenssituation passt.
Wir hoffen, dass dieser Artikel dir dabei hilft, die richtige Berufsunfähigkeitsversicherung zu finden. Denk immer daran: Du tust dies nicht nur für dich, sondern auch für die Menschen, die dir am Herzen liegen.
Wenn du mehr zum Thema Versicherungen für Ärztinnen und Ärzte lernen möchtest, schaue auch gerne bei unserem Versicherungsratgeber vorbei.
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