Geldanlage
Anlagehorizont definieren – So langfristig solltest du denken
Lesedauer: 6 Minuten
15.10.2023
Einleitung
Als Ärztinnen und Ärzte wissen wir, wie wichtig es ist, vorausschauend zu handeln. In der Augenheilkunde ist es beispielsweise in bestimmten Fällen sinnvoll, eine Kataraktoperation durchzuführen, um einerseits die Sehschärfe zu verbessern und andererseits präventiv einen Glaukomanfall zu verhindern.
Ähnlich verhält es sich mit deinen Finanzen. Hier kann der richtige Anlagehorizont den Unterschied ausmachen zwischen einem sorgenfreien Ruhestand und finanziellen Unsicherheiten bzw. einer Einschränkung des Lebensstandard im Alter.
Doch wie definierst du deinen persönlichen Anlagehorizont und warum ist diese Frage entscheidend? In diesem Blogartikel tauchen wir tief in diese Thematik ein und beleuchten, warum es entscheidend ist, langfristig zu denken.
Was versteht man unter Anlagehorizont?
Beginnen wir mit dem Kern unseres Artikel: Was ist eigentlich der Anlagehorizont? Er gibt an, wie lange du bereit bist, dein Geld in eine bestimmte Anlage zu stecken, bevor du planst, es wieder herauszuziehen.
Es könnten einige Tage sein, wenn du versuchst mittels kurzfristigem Trading (also Kauf und raschem Verkauf von z.B. einzelner Aktien) einen Gewinn einzustreichen, oder mehrere Jahrzehnte, wenn es um langfristige Investitionen für den Ruhestand geht.
Der Anlagehorizont beeinflusst maßgeblich die Art und Weise, wie du investierst. Kurz gesagt, je länger dein Horizont, desto risikoreicher können deine Investitionen prinzipiell sein. Denn mit mehr Zeit im Rücken können sich Märkte von Rückschlägen erholen. Hier musst du natürlich beachten, dass dies nur dann gilt, wenn deine Anlagen ausreichend diversifiziert sind. Wenn du also beispielsweise dein gesamtes Geld in nur eine einzelne Aktie steckst, könnte es durchaus auch sein, dass diese Aktie sich nie von einem Kursrückschlag erholt.
Wenn du dagegen weißt, dass du dein Geld bald benötigen wirst, möchtest du sicherlich nicht das Risiko eingehen, einen plötzlichen, starken Markteinbruch zu erleben. In diesem Fall solltest du eher auf stabilere, schwankungsärmere Anlagen setzen.
Die Festlegung deines persönlichen Anlagehorizonts hilft dir also dabei, eine Balance zwischen Risiko und Rendite zu finden. Man kann das vergleichen mit der Wahl der richtigen Behandlungsmethode: Wir wollen das beste Ergebnis für den Patienten, ohne unnötige Risiken einzugehen. In der Finanzwelt hilft uns der Anlagehorizont dabei, genau das für unser hart verdientes Geld zu tun.
Berufliche Besonderheiten von Heilberufen
Das durchschnittliche Einkommen von Ärztinnen und Ärzten liegt in Deutschland deutlich über dem vieler anderer Berufsgruppen. Doch hoher Verdienst bedeutet nicht automatisch Reichtum. Viele von uns haben ähnliche Ausgabenmuster, beispielsweise für Fortbildungen oder die Gründung einer eigenen Praxis.
Es ist also sehr wichtig, dass du ein klares Bild von deinen finanziellen Verpflichtungen hast. Denken wir einmal an einen typischen Karriereverlauf: Vom Medizinstudium, wo du vielleicht mit einem Stipendium, BaFöG oder anderen Studienkrediten jonglierst über die Facharztausbildung, in der du oft zu moderaten Gehältern arbeitest, bis hin zu einem möglichen Schritt in die Selbstständigkeit oder einer Teilhaberschaft in einer Praxis – all diese Phasen haben ihre eigenen finanziellen Herausforderungen und Chancen.
Und schließlich, der Ruhestand. Vielleicht mag dir das wie eine ferne Zukunft erscheinen, besonders wenn du noch in den frühen Jahren deiner Karriere steckt. Doch es ist nie zu früh, über Vorsorgemaßnahmen für den Ruhestand nachzudenken. Je früher du beginnst, desto besser kannst du vom Zinsenzinseffekt profitieren und ein stabiles finanzielles Polster für die Zeit nach der aktiven Berufstätigkeit aufbauen.
Kurz- vs. langfristige Investitionen
Vergleichen wir Investitionen mit medizinischen Eingriffen, dann führen einige Verfahren zu nahezu sofortigen Ergebnissen (wie beispielsweise eine Kataraktoperation), während andere Zeit benötigen, um ihre volle Wirkung zu entfalten (wie z.B. ein Gelenkersatz).
Ähnlich verhält es sich mit kurz- und langfristigen Investitionen. Kurzfristige Investitionen sind, wie der Name schon sagt, für einen kürzeren Zeitraum gedacht - oft ein Jahr oder weniger. Sie bieten manchmal die Chance auf eine raschere Rendite, aber oft mit einem deutlich höheren Risiko. Denk an Tagesgeldkonten, Geldmarktfonds oder sogar an bestimmte Aktien, die du vielleicht mit der Absicht kaufst, sie kurze Zeit später wieder zu verkaufen.
Langfristige Investitionen hingegen sind für mehrere Jahre, oft Jahrzehnte, gedacht. Hierzu zählen beispielsweise weltweit diversifizierte ETFs, Aktien von stabilen Qualitätsunternehmen, Anleihen oder Immobilien. Diese Anlagen tendieren dazu, über die Zeit stetiger zu wachsen und sind oft weniger volatil als kurzfristige Investitionen.
Betrachten wir die Chancen und Risiken: Kurzfristige Investitionen können zwar schnellere Gewinne bringen, sind aber oft riskanter. Marktvolatilitäten können in kurzen Zeiträumen zu signifikanten Verlusten führen. Auf der anderen Seite bieten langfristige Investitionen die Möglichkeit, vom Zinseszinseffekt zu profitieren und sich von kleineren Marktschwankungen zu erholen.
Das Wichtigste ist, dass du deine Investitionen an deine persönlichen Ziele und deinen Anlagehorizont anpasst. Während kurzfristige Investitionen für anstehende Ausgaben sinnvoll sein können, sind langfristige Investitionen ideal, um Vermögen für größere Ziele oder den Ruhestand aufzubauen.
Den persönlichen Anlagehorizont bestimmen
Den richtigen Anlagehorizont für dich selbst zu finden, erfordert eine eingehende Selbstreflexion und eine sorgfältige Analyse der eigenen Situation.
1. Selbstreflexion
Beginnen wir zuerst einmal mit deinen finanziellen Zielen und Prioritäten. Frage dich: Was möchte ich in den nächsten Jahren erreichen? Vielleicht planst du, eine Familie zu gründen, ein Haus zu kaufen oder gar eine eigene Praxis zu eröffnen. Jedes dieser Ziele hat seinen eigenen zeitlichen Rahmen und finanziellen Bedarf. Notiere dir, was dir wichtig ist, und versuche, diesen Zielen einen konkreten finanziellen Wert und ein Datum zuzuordnen.
2. Lebensumstände und finanzielle Verpflichtungen
Als nächstes betrachte deine aktuellen Lebensumstände. Hast du laufende Kredite, wie z.B. einen Bildungskredit aus dem Medizinstudium? Oder planst du, in den nächsten Jahren größere Anschaffungen wie zum Beispiel den Kauf einer selbstgenutzten Immobilie zu tätigen? Hierfür benötigst du einiges an Eigenkapital, was du möglichst sicher und ohne großes Verlustrisiko anlegen solltest. Manchmal muss man kurzfristig liquide bleiben, um finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, während man in anderen Phasen des Lebens freier ist, langfristig zu denken.
3. Risikobereitschaft und Risikotoleranz
Jeder Mensch hat eine andere Einstellung zum Risiko, und das gilt auch für Investitionen. Du musst für dich abwägen, wie wohl du dich dabei fühlst, Schwankungen in deinem Portfolio zu sehen. Einige von uns können ruhig schlafen, auch wenn die Märkte stark schwanken, während andere schon bei kleineren Marktbewegungen nervös werden. Frage dich: Wie würde ich reagieren, wenn mein Portfolio plötzlich um 10% oder 20% fallen würde? Deine ehrliche Antwort auf diese Frage gibt dir einen klaren Hinweis auf deine Risikotoleranz.
Zusammengefasst geht es beim Bestimmen des persönlichen Anlagehorizonts um mehr als nur Zahlen und Prozentsätze. Es geht um ein tieferes Verständnis für deine Ziele und deine Lebenssituation. Indem du dir die Zeit nimmst, diese Faktoren gründlich zu analysieren, kannst du sicherstellen, dass deine Investitionsentscheidungen wirklich zu dir passen.
Strategien für verschiedene Anlagehorizonte
Jeder Anlagehorizont erfordert seine eigene Strategie. Lass uns die im Folgenden beispielhaft verschiedene Anlageklassen und Anlagestrategien für kurz-, mittel- und langfristige Investitionshorizonte anschauen.
Kurzfristige Investitionen (bis zu 3 Jahre)
Bei einem kurzen Anlagehorizont steht Sicherheit an erster Stelle. Du möchtest dein Kapital schützen und gleichzeitig etwas Rendite erwirtschaften.
Mögliche Anlagklassen: Tagesgeldkonten, Festgeld oder kurzlaufende Staatsanleihen.
Mittelfristige Investitionen (3-10 Jahre)
Hier geht es darum, ein ausgewogenes Verhältnis von Sicherheit und Renditechancen zu finden. Je nach Risikotoleranz solltest du im Vergleich zu einem langfristigen Anlagehorizont einen höheren Anleihenanteil wählen.
Mögliche Anlageklassen: Aktien- und Anleihen-ETFs, REIT-ETFs, Rohstoffe, Gold
Langfristige Investitionen (über 10 Jahre):
Für einen langen Anlagehorizont kann man höhere Schwankungen in Kauf nehmen, da sich die Märkte oft über längere Zeiträume erholen. Das Ziel ist hier maximales Wachstum, sodass du einen höheren Aktienanteil wählen kannst.
Mögliche Anlageklassen: Aktien- und Anleihen-ETFs, REIT-ETFs, Rohstoffe, Gold
Abschließend ist es wichtig zu betonen, dass diese Empfehlungen und Portfolios allgemeiner Natur sind. Deine individuelle Situation, Risikotoleranz und Ziele sollten immer in die endgültige Entscheidung einfließen.
Typische Fallstricke und wie man sie vermeidet
Die Konstruktion deines Anlageportfolios kann manchmal komplex wirken. Wie in der Medizin gibt es auch hier typische Fehler, die vermieden werden können.
Emotionale Entscheidungen: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Anleger in Panik verkaufen, wenn die Kurse fallen, oder in Euphorie kaufen, wenn alles rosig erscheint. Allerdings können solche emotionale Entscheidungen deinem Portfolio schaden.
Tipp: Bleib ruhig, halte an deiner Strategie fest und lass dich nicht von kurzfristigen Marktschwankungen beeinflussen.Zu häufiges Überprüfen des Portfolios: Ein ständiger Blick auf dein Portfolio kann zu Impulsentscheidungen führen. Die Börse hat ihre Höhen und Tiefen – das ist vollkommen normal.
Tipp: Schau in regelmäßigen Abständen, z.B. quartalsweise, nach deinem Portfolio und widerstehe dem Drang, ständig Änderungen vorzunehmen.Die Bedeutung von Diversifikation: Alle Eier in einen Korb zu legen, ist riskant. Ein gut diversifiziertes Portfolio kann helfen, Risiken zu reduzieren und die Rendite zu optimieren.
Tipp: Investiere in verschiedene Anlageklassen, Branchen und Regionen, um dein Portfolio vor extremen Schwankungen zu schützen. Denk daran, dass Investieren ein Marathon und kein Sprint ist.
Kontinuierliche Überprüfung deines Anlagehorizonts
So wie du deinen Patienten wahrscheinlich auch regelmäßige Gesundheitschecks empfiehlst, solltest du auch deinen Anlagehorizont in regelmäßigen Abständen überprüfen.
Warum eine regelmäßige Überprüfung wichtig ist: Dein Leben und deine Ziele entwickeln sich ständig weiter. Vielleicht heiratest du, bekommst Kinder, kaufst ein Haus oder möchtest dich früher zur Ruhe setzen. Jedes dieser Ereignisse kann deinen finanziellen Bedarf und deinen Anlagehorizont beeinflussen. Durch regelmäßige Checks stellst du sicher, dass deine Investitionen im Einklang mit deinen aktuellen Zielen stehen.
Wie oft und unter welchen Umständen sollte man den Anlagehorizont überdenken? Mindestens einmal im Jahr solltest du einen "Finanzcheck" durchführen. Aber auch bei bedeutenden Lebensereignissen – wie Heirat, Geburt eines Kindes, Jobwechsel oder Erbschaft – ist es ratsam, einen Blick auf deinen Anlagehorizont zu werfen und gegebenenfalls Anpassungen bei deinen Anlagen vorzunehmen.
Kurz gesagt: Dein Anlagehorizont sollte mit deinem Leben Schritt halten. Regelmäßige Überprüfungen helfen dir dabei, auf Kurs zu bleiben und deine finanziellen Ziele zu erreichen.
Fazit
Wenn du dein hart verdientes Geld strukturiert und gewinnbringend anlegen möchtest, ist eine durchdachte Strategie das A und O. Ein bewusst definierter Anlagehorizont ist dabei der Schlüssel, um sicherzustellen, dass deine Investitionen im Einklang mit deinen Lebenszielen stehen.
Sei proaktiv: Überlasse deine finanzielle Zukunft nicht dem Zufall. Nimm dir die Zeit, deinen Anlagehorizont regelmäßig zu überdenken und deine Anlagen gegebenenfalls anzupassen.
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